G7-Gipfel

Im Wortlaut: Nahles und Müller

In der Verantwortung

Unter deutschem Vorsitz muss die G7 weltweit für gute Arbeitsbedingungen sorgen. Das fordern Bundesarbeitsministerin Nahles und Bundesentwicklungsminister Müller in ihrem gemeinsamen Beitrag für das Handelsblatt.

Ein Kaffeebauer in Peru vor einem Kaffeestrauch mit Beeren Faire Arbeitsbedingungen weltweit sollen auf die Agenda des G7-Treffens. Hier: Ein Kaffeefarmer in Peru. Quelle: TransFair/Fairtrade

Wecker ausschalten. Anziehen. Schnell einen Kaffee trinken, Smartphone einstecken. So beginnt für viele von uns der Tag. Auch wenn wir vielleicht noch niemandem begegnet sind - indirekt hatten wir mit der halben Welt Kontakt: In fast allem, was uns im Alltag begleitet - Elektronik, Kleidung, Lebensmittel - stecken die Arbeitskraft und die Geschichten von Menschen rund um den Globus.

Vielfach handeln diese Geschichten von den Chancen der Globalisierung für Entwicklungsländer. Von Menschen, die sich dank der Produktion für den Weltmarkt aus der Armut herausarbeiten konnten. Andere Geschichten aber erzählen von den Schattenseiten: von Kinderarbeit auf Kakao- oder Kaffeeplantagen. Von Zwangsarbeit in illegalen Coltan-Minen. Von Akkordarbeit in Textilfabriken ohne ausreichenden Brandschutz. Von Verarmung bei Arbeitsunfällen und Krankheit, von Müllhalden und vergifteten Flüssen.

Doch wie können wir, Politik und Verbraucherinnen und Verbraucher, hier zu besseren Bedingungen beitragen?

Wie können Unternehmen soziale und ökologische Standards in immer längeren Lieferketten sicherstellen? Wir wollen die deutsche G7-Präsidentschaft nutzen, um Antworten vorzuschlagen. Verantwortungsbewusst kann nur kaufen, wer informiert kaufen kann. Darum setzen wir auf "Siegelklarheit" - ein neues Informations-Portal und eine Handy-App, mit der die Vielzahl von Siegeln auf ihre Aussagekraft hin überprüft werden kann. Mitstreiter aus anderen G7-Ländern sind erwünscht!

Außerdem wollen wir Unternehmen stärken, die schon jetzt bereit sind, soziale und ökologische Standards in der Produktion durchzusetzen. Viele wollen ihrer Verantwortung gerecht werden, wissen aber nicht genau, wie. Hier können wir mit Beratung helfen. Und wir wollen Bündnisse schaffen, zwischen Unternehmen und Gewerkschaften, Branchenverbänden und Nichtregierungsorganisationen. Das Textilbündnis des Entwicklungsministeriums ist hier beispielhaft und stößt auch international auf Interesse. Wir beraten und unterstützen schon lange Regierungen, Unternehmen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft in den Herstellerländern. Damit sich dort die Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeitsstandards verbessern. Ein zusätzlicher Vorschlag: Ein "Vision Zero Fonds", in den Unternehmen aus den G7-Ländern einzahlen. Das Geld soll in Brandschutzeinrichtungen fließen und die Zahl der Arbeitsunfälle in den heute noch unsicheren Herstellerländern auf nahe null reduzieren. Und schließlich wollen wir Beschwerden mehr Gehör verschaffen. In einer Reihe von Ländern gibt es schon jetzt nationale Kontaktstellen. Unternehmen und Arbeitnehmer können dort Konflikte außergerichtlich beilegen. Diese Verfahren wollen wir im Rahmen der G7 stärken.

Schauen wir auf unsere eigene Vergangenheit. Kinderarbeit, Hungerlöhne, fehlende soziale Sicherung - all das gab es im 19. Jahrhundert auch bei uns. Wir profitieren davon, dass die Generationen vor uns für Fortschritt und Arbeitnehmerrechte gestritten haben. Nun sind wir dran, weltweit dafür zu kämpfen. Damit die Globalisierung vor allem eine Art von Geschichte schreibt: von einem besseren Leben durch gute Arbeit.