Ebola
"Die letzte Meile ist die schwierigste"
Der Ebola-Sonderbeauftragte der Bundesregierung hofft auf eine weitere Eindämmung der Seuche: Es bestehe eine reale Chance, dass sich bis zur Jahresmitte niemand mehr anstecke, sagte Lindner. Zugleich warnte er: "Wir wissen nicht, wie sich der Verlauf der Epidemie entwickelt." Der Kampf gegen Ebola dürfe darum nicht nachlassen.
Quelle: picture-alliance/dpa/Rainer Jensen
"Die letzte Meile ist immer die schwierigste", erklärte der Ebola-Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Walter Lindner, auf einer Informationstagung der Bundesregierung. Zwar sinke die Zahl der Ebola-Neuinfektionen - allerdings noch nicht konstant.
Bis Mitte Februar hatten sich nach WHO-Angaben rund 23.200 Menschen infiziert, rund 9.400 Infizierte verstarben.
Weniger Neuinfektionen
Ende Januar war die Zahl der Neuansteckungen in den drei westafrikanischen Ländern Sierra Leone, Guinea und Liberia erstmals unter 100 pro Woche gefallen. Danach stieg sie erneut auf bis zu 140 Fälle - vor allem in Guinea kam es zu Ansteckungen. Aktuell lässt sich eine positive Entwicklung vermerken: Die Zahl der Neuinfizierten ist rückläufig. "Wir wissen nicht, wie sich der Verlauf der Epidemie entwickelt", sagte Lindner in Berlin. Deshalb dürften die Anstrengungen nicht nachlassen.
Professorin Marylyn Addo, die die Impfstudie der Uniklinik Hamburg Eppendorf im Auftrag der WHO leitet, zufolge besteht berechtigte Hoffnung, dass bald ein Impfstoff gegen Ebola zur Verfügung steht.
Die Präsidenten der drei am stärksten von Ebola betroffenen Länder Sierra Leone, Guinea und Liberia hatten jüngst bei einem Sondergipfel in Guineas Hauptstadt Conakry erklärt, Ebola bis Mitte April besiegen zu wollen. Sie forderten zugleich die internationale Gemeinschaft auf, ihnen die notwendige Hilfe zukommen zu lassen.
Sitten und Landeskultur berücksichtigen
Der Ebola-Sonderbeauftragte Lindner erläuterte, dass jeder Infizierte im Schnitt mit 20 Personen in Berührung käme. Die Kontaktpersonen müssten einzeln identifiziert und isoliert werden. Dabei funktioniere die hierfür notwendige Koordination der Hilfskräfte und die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden sehr gut.
DRK-Präsident Rudolf Seiters, ebenfalls Teilnehmer der Konferenz im Bundespresseamt, betonte, dass die Einbeziehung der Dorfgemeinschaften im Kampf gegen Ebola besonders wichtig sei. Auch kulturelle Empfindlichkeiten wie Bestattungssitten müssten bedacht werden.
Frühe Warnungen überhört
Bezüglich der Lehren aus der Ebola Epidemie räumte Lindner ein, dass die Staatengemeinschaft nicht angemessen vorbereitet gewesen sei und zu spät reagiert habe. "Wir hatten keine Erfahrungen mit einem Ausbruch solchen Ausmaßes. Frühere Warnungen wurden überhört." Allerdings: Nachdem die Hilfe angelaufen sei, habe sie rasch ihren Zweck erfüllt.
"Die Hilfe hat tatsächlich den Unterschied bei der Bekämpfung der Seuche gemacht", so DRK-Präsident Seiters. Beispielsweise habe das DRK mit Unterstützung der Bundeswehr im liberischen Monrovia eine Infektionsklinik eröffnet, die zuvor von der Weltgesundheitsorganisation errichtet worden war.
Das Konzept der Infektionsklinik, die auf Initiative des liberianischen Gesundheitsministeriums eingerichtet worden war, besitzt Modellcharakter: Dort sind etwa 200 einheimische Ärzte, Techniker, Pflegepersonal und Hygieniker von DRK-Mitarbeitern und Bundeswehrangehörigen für die Behandlung von Ebola trainiert worden. "Bisher wurden in der Einrichtung in Monrovia über 170 Patienten betreut, 42 davon wurden stationär aufgenommen", erläuterte Seiters.
Da die Zahl der Neuinfektionen sinkt, wird das Zentrum mittlerweile auch für die Behandlung schwerer Nicht-Ebola-Infektionskrankheiten wie Malaria und Meningitis eingesetzt.
Nothilfe der Bundeswehr
Die positiven Signale bei der Bekämpfung der Epidemie erlauben es, den Einsatz der Bundeswehr bis Ende März zu reduzieren. Denn die Unterstützung der Bundeswehr im Kampf gegen Ebola war und ist auf akute Nothilfe ausgerichtet.
Geplant ist, dass zunächst die freiwilligen Helfer abgezogen werden, danach das Unterstützungspersonal. Bis voraussichtlich Ende März soll dann die Luftbrücke eingestellt werden. Zukünftig fokussieren sich die weiteren Maßnahmen auf den Wiederaufbau des Gesundheitssystems.
Ebola-Waisen oft ausgestoßen
Professor Joachim Gardemann, der für das DRK fünf Wochen lang das Ebola-Behandlungszentrum in Kenema, Sierra Leone, leitete, erläuterte, Überlebende würden aktiv für Aufklärungsarbeit und als Pflegekräfte - gerade bei an Ebola erkrankten Kindern - eingesetzt.
In den Behandlungszentren liege die Überlebensrate bei 65 Prozent, in den Dörfern dagegen nur bei 35 Prozent. Diese Erkenntnis habe bei den Menschen Vertrauen in die medizinischen Helfer geschaffen. Große Schwierigkeiten gebe es nach wie vor, Ebola-Waisen unterzubringen, da die Familien und Dorfgemeinschaften diese Kinder aus Angst vor Ansteckung häufig nicht mehr aufnehmen wollten. UNICEF und die SOS-Kinderdörfer würden sich um diese Kinder nun kümmern.
Seit Anfang Oktober 2014 hat das DRK insgesamt 71 Helfer nach Liberia und Sierra Leone entsandt.
Ebola bleibt wichtiges Thema
Anfang März organisiert die Europäische Union eine große Ebola-Konferenz in Brüssel. Deren Themen werden neben dem Wiederaufbau der Wirtschaft und der Gesundheitssysteme in den betroffenen afrikanischen Ländern auch die Schicksale der Ebola-Waisen und mögliche gesundheitliche Spätfolgen der Infektion sein.
Zudem wird Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutsche G7-Präsidentschaft in diesem Jahr nutzen, um das internationale Krisenmanagement im Gesundheitsbereich zu stärken. Gemeinsam mit der norwegischen Ministerpräsidentin Erna Solberg und dem Präsidenten von Ghana, John Dramani Mahama, hat sie dazu UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen. Schnell einsetzbare Teams von Spezialisten spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Erforschung von Impfstoffen für seltene, gefährliche Infektionskrankheiten und die Stärkung der Gesundheitssysteme.
Mittwoch, 25. Februar 2015